Oktober–Demo und Nachruf an einen Mühlgraben

Das wichtigste zuerst: Am Samstag, 28. Oktober, starten wir um 11 Uhr wie gewohnt vom Kellereiplatz.

Die Route wird unter anderem  wieder über Haupstraßen führen (max. 1 Stunde) – die Orte, an denen wir unbedingt Radwege fordern – für einen sicheren und gleichberechtigten Radverkehr: die Rheingaustraße, Lorsbacher Straße und Hattersheimer Straße. Da es noch keine Radwege gibt, begleitet uns wie immer die Polizei (danke dafür).

Demo

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Florian hat einen Nachruf an einen Mühlgraben geschrieben:

Es war einmal ein Mühlgraben, der das ganze Land in Aufruhr versetzte. Zwar war er selbst eher unbedeutend und wurde schon lange nicht mehr für seinen ursprünglichen Zweck benutzt, aber die Mauer, die ihn zur anliegenden Straße abgrentzte, war durch die Vielzahl an darüber fahrenden Autos und LKW’s so marode geworden, dass sie erneuert werden musste.

Eine Vollsperrung von 14 Monaten wurde angekündigt, wogegen die Anwohner auf die Barrikaden gingen und verschiedene Vorschläge machten, um die Auswirkungen abzumildern bzw. die Bauzeit zu verkürzen. Einer dieser Vorschläge bestand darin, den Mühlgraben temporär zu verrohren, was den Aufbau der Mauer vereinfacht und die Bauzeit um mehrere Monate verkürzt hätte.

Hier schritt allerdings die Untere Naturschutzbehörde ein: Als Hüterin der Gewässer ordnete sie an, dass die Natur um den Mühlgraben unbedingt schützenswert und die Verrohrung unzulässig sei.

Nun ist es grundsätzlich begrüßenswert, dass die Untere Naturschutzbehörde ihre Aufgabe ernst nimmt, sieht man doch allzu häufig, wie Naturschutz kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen zum Opfer fällt, sei es beim Bau von Flüssiggasterminals an Meeresschutzgebieten, beim Bau von Autobahnen durch den Dannenröder Forst oder beim Holzschlag am Heinrichsweg im Hofheimer Forst. Manch einer hätte sich vielleicht eine differenziertere Betrachtungsweise gewünscht, in der Quantität, Qualität, Ersetzbarkeit und Erholungsfähigkeit des schützenswerten Gutes in ein Verhältnis gesetzt würde zu den Auswirkungen an anderer Stelle, welche durch die zusätzlichen Wege und damit verbundenen zusätzlichen Abgase auch den Umweltschutz betreffen. Doch für die letztgenannten Aspekte ist die Untere Naturschutzbehörde nicht zuständig, und für die Zersplitterung der Verantwortlichkeiten auch nicht.

Wie es auch sei, die Bauarbeiten wurden begonnen, mit gerichtlich verordneter verkürzter Bauzeit (derzeit avisiert: 6 Monate), aber ohne grundsätzlichen Änderungen an der Bauweise. Ruhe kehrte in das Tal ein, die Bevölkerung arrangierte sich mit den veränderten Gegebenheiten, auch eine parallele dreiwöchige Sperrung der Bahnlinie wurde überlebt, was blieb denn auch anderes übrig?

Zeit nun, dem auslösenden Objekt einen Besuch abzustatten. Wie geht es der Flora und Fauna am Mühlgraben, waren die Maßnahmen der Unteren Naturschutzbehörde erfolgreich? Um es kurz zu fassen: Wie auf dem beliegenden Foto zu sehen ist, gibt es am Mühlgraben keine Natur mehr.

Zwar hat das Wasser, wie gefordert, immer noch freien Himmel über sich, fließt aber ansonsten durch ein großzügig aufgeschüttetes grobes Kiesbett, in einer kleinen, künstlich angelegten Rinne. Hangseitig, wo Pflanzen noch eine Chance gehabt hätten, sich zu halten, wurde dies durch Anbringen einer Plastikplane effektiv verhindert.

Die Natur wird sich erholen, der Glaube an die Menschheit nicht.

 

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