Ein bisschen Gleichberechtigung geht nicht

Hallo liebe RadfahrerInnen,

auch im Sommer geht es weiter mit unseren Fahrrad Demos am letzten Samstag im Monat. Der nächste Termin ist am 29.07.2023 um 11:00 am Chinonplatz (gegenüber vom Rathaus)

Im Juni sind wir vom Kreishaus gestartet – hier ein Bild als Erinnerung

Kreishaus

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Für die Juli Demo noch ein Beitrag von Frank:

Ein bisschen Gleichberechtigung geht nicht. Beitrag zu einem neuen Umgang im Straßenverkehr

Ich fahre oft mit dem Rad zur Arbeit. Und meistens klappt das Zusammenspiel mit den Autofahrern ganz gut, aber manchmal gibt es auch Situationen, da fühle ich mich nicht als gleichberechtigter Verkehrsteilnehmer, so wie es die Straßenverkehrsordnung vorsieht, sondern minderwertig. Kennt ihr das, eingebaute Vorfahrt und so?

Z.B. wenn ich eine enge steile Straße den Berg hochfahre und mir plötzlich so ein dickes Fahrzeug entgegenkommt. Die Fahrerin sieht mich zwar, aber es wird so eng, dass ich vor lauter Angst schnell den rettenden Bürgersteig aufsuche. Wenn ich dann die Autofahrerin zur Rede stelle, meckert sie mich an, dass halt nicht mehr Platz da sei. Könne sie ja nichts dafür. Ich solle halt auf dem Bürgersteig fahren.

Wenn hingegen genügend Platz da ist, wird dagegen mein Fahrrad meist toleriert. Ähnlich ist es ja auch beim Überholabstand, der laut StVO 1,5 Meter betragen soll. Wenn genügend Platz vorhanden ist, wird er eingehalten, ansonsten habe ich als schwächerer Verkehrsteilnehmer eben Pech gehabt.

Dieses Verhalten wurde jahrzehntelang durch ein Auto-bevorzugtes Verkehrsrecht verinnerlicht: Der Kraftverkehr sollte fließen, Parkmöglichkeiten durften nicht fehlen und wenn es aufgrund der vielen Fahrzeuge zu eng auf den Straßen wurde, dann musste die Autobahn um eine dritte Spur erweitert werden. Und damit die hohen Kosten der Automobilität bezahlbar blieben, gab es ausreichend Subventionen, z.B. für den Dienstwagen, die Entfernungspauschale oder das Elektroauto. Als Argument hielten die vielen wichtigen Arbeitsplätze der Automobilindustrie her, die ansonsten gefährdet waren. Dabei durften beispielsweise die Arbeitsplätze in der Solarbranche geopfert werden.

Aber diese Form der willkürlichen Gleichberechtigung, bei der der Stärkere Vorfahrt hat, ist antiquiert. Es ist ein Denken aus der grauen Vorzeit, wo das Recht mit Fäusten oder Waffen ausgetragen wurde. Dass Männer darüber entscheiden, ob Frauen arbeiten dürfen, oder dass Frauen nicht wählen dürfen, das ist Kram von vorgestern. Wenn ich lieber mit meinem 30 Jahre alten Fahrrad zur Arbeit fahre, dann beanspruche ich auch meinen Platz, ohne mich schämen oder im Rinnstein fahren zu müssen. Dann muss der Sportwagenfahrer in seinem teuren Technikwunder (durch dessen Kauf vielen Menschen ein luxuriöser Lebensstil beschert bzw. unsere Umwelt weiter geschrottet wird) eben auch mal bremsen.

Und wenn ich dieses Denken weiter auf alle anderen Lebensbereiche übertrage, dann müssen auch neue Kompromisse für diejenigen gefunden werden, die bislang vergessen oder in die Ecke gedrängt wurden. Warum gibt es so wenig Fahrradfahrer in Deutschland? Na klar, weil es überwiegend mangelhafte und wenige Fahrradwege gibt. Nicht umgekehrt! In Kopenhagen oder Amsterdam fährt ein viel höherer Anteil der Menschen mit dem Rad seine Strecken. Dort ist die Fahrradinfrastruktur so gut, dass es ein Vergnügen ist, mit dem Rad zu fahren. Es ist ein Fahrradparadies, ich war schon dort.

Ist dies verwunderlich, wenn Amsterdam pro Bürger 8,5-mal so viel Geld für den Radverkehr ausgibt als Hofheim, Kopenhagen sogar 27,4-mal so viel (Quelle: statista.com). Von den 1,30 Euro pro Hofheimer Bürger und Jahr wurden noch nicht einmal 50 Cent für Maßnahmen investiert, die das Radfahren konkret unterstützen (Anfrage der Grünen an den Magistrat, STV2023-026). Dabei belegte Hofheim trotz eines miserablen vorletzten Platzes beim Fahrradklima-Test des ADFC der hessischen Städte in der gleichen Größenkategorie immerhin beim Stadtradeln den 12. Platz bei der Anzahl der geradelten Kilometer von 109 teilgenommenen Städten. Der Bedarf nach besserer Fahrradinfrastruktur scheint in Hofheim also vorhanden zu sein, warum fördern wir ihn dann nicht? Pro Jahr wird von den Kommunen für den Autoverkehr 115-mal mehr pro Bürger investiert, als Hofheim pro Bürger für den Radverkehr ausgibt. Kein Wunder, dass Hofheim so aussieht, wo bleibt die Umsetzung der Gleichberechtigung der Verkehrsteilnehmer?

 

Deswegen: Kommt regelmäßig zu unseren Demos und erzählt weiter, worum es uns geht

Euer Orga Team

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